Knacken

Die kleine weiße Emailschüssel

auf meiner Anrichte saugt den Blick auf

bis er auf dem Boden des Gefäßes hin und her rollt

wie ein ausgetriebenes Auge

das die Welt von allen Seiten beschaut

noch immer die Spinnfäden beobachtet

die sich an der Holzdecke mit uns verwoben haben

dein Rasierpinsel im Schüsselchen

lässt das Dachshaar auf meinem Kinn kitzeln

wie ein Nahschuss und vermischt mit Ostwind

auch im Schützengraben gibt es ein Leben mit Anstand

du rückst den Helm zurecht in der noblen Farbe

deines Konfirmationsanzugs, du denkst

an den Glanz deiner Sonntagsschuhe und vergisst

wozu dich deine Mutter erzogen hat

was sie dir antrug predigte einbläute

ohne das man im Leben nicht zurechtkäme

bevor sie voller Zweifel über sich selbst

auf den alten Schemel plumpste

vergessen die Spiele die Streiche die Sinnsuche

hoch konzentriert hörst du auf jedes Geräusch

das Knacken deines mächtigen Zentralorgans

das nur den einen Gedanken kennt nur den einen

den einen den einen den einen den einen

den einen den einen den einen den einen

die kleine weiße Emailschüssel und der Pinsel

deine Uhr und ein Notizbuch in einem Paket

in den ersten Frühlingstagen

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Versunken

Bilderniesel im September wenn das Grün
vor Sattheit sich ins Gelb gewanden wird
ein plötzliches Alleinsein einen leisen Zug
Erschütterung erblühen lässt im Rausch

der Orgelmelodie die Kühle sich vom
Rücken an die Brust ergießt als wäre
bang erwartet und nun endlich eingetreten
und der abgewetzte Mantel streicht auf

einer sonsthin leeren Kirchenbank
versunken und zugleich im Gestern wie
im grauen Morgen schwimmend diese Bilder
die es nur im Herbst zu nieseln scheint.

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Staubverschalte Schlaglichter

eine Stecknadel
die niemand fallen hörte
unter dem Grund einer
zusammengeschobenen Insel

Alte gießen mit Brackwasser
pfützen das Steinmehl
das quergeriemte Sandalen
augenblicklich aufwirbeln
nur die Gehwege sind den
schwarz Gewandeten vorbehalten

überstülpt mit Silberfolie
das plakative Gesicht
und doch erhascht es den
verstohlenen Blick aus den Sedimenten
vor dem Bruch der Hautreflexe

hinter dem Fenster warten
in entspannten Zügen
drei Schwerbeschirmte
auf ein Rachemahl denn andernorts
verschwandder Herd im Schlund
der Eruptionen

am Ufer wo das schwankende Schiff
vertäut liegt der unversehrte Garten
selbst das Grün muss sich
nun neu erfinden da die Muße
ausgegangen es sorgsam zu beträufeln

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Fluidum

Wie ehedem an einem Fließgewässer
deine Nudeln wanderten im Gegenwind
im Dreieck hin + her und auf der Gabel
steckte eine dunkle Petersilienfrage

so rollten Münzen hie + da vom Tischlein
deckdich in manch blaue fremde Falten
wir begnügten uns mit Nichtverzehrtem
und mit dem Spurenelementezählen

heute ernten wir was jene Zeit uns vorenthielt
die Sinnentfaltung aus dem Moderkeller
der Enthaltsamkeit doch steckt in diesem
Ehedem das ganze Fluidum des Flusses.

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Zeitverzug

Wir teilen die Segmente so wie
Apfelschnitze schneiden aus
was noch nicht aussprechbar
und sammeln Kerne die vor
unsren Augen schon erblühn

wir waren Fremde doch nach einer
Stunde sind wir beinah eins
es gibt sie noch die sagenhaft
verschworenen Gemeinschaften
und plötzlich sind wir Teil davon

was wird uns widerfahren wenn wir
einst erneut uns treffen uns im
Keim der Elemente sanft berühren
uns der Schmelze hingeben dem
Zeitverzug aus Zeichensprache.

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Fieberhaft

Novemberlicht und Quittennebel
in meinen Händen schlagen
die Frühlingsfrüchte des
Regenbogenbaums ihre Wurzeln

die sich auswölbende Form
des Keimlings tastet mit Tentakeln
nach meinen Fingerminuskeln
und gleitet über die Brandung hinaus

größer der Raum der mich Mondmolekül
umhäutet doch erst zur Fälligkeit
dehnt er sich ins Fieberhafte bis
die Wehfrau nach dem Quittenlicht greift.

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Himmelsstaffelei

Sturmgebläu auf Zehenspitzen über Planken
bis hinauf zur Himmelsstaffelei du füllst
die Ränder dieser Tage mit dem Most
aus Tiefentönen Nebelnetzen und
Melonenmolekülen die in deinen Händen
sich in Wiederholungsschleifen transibieren

führst mich fort von den Termitenthemen
vor mir blühen Aquarellemente deren Grenzen
schwimmen über die zerpflückten Rebenstreben
über den zerstobenen Zenit der Zentnerschwere
in die Welligkeit und Stufigkeit des Honighorizonts.

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Schieferschichten

Zwischen Schieferschichten sammle ich
die Pfützen des betagten Blütenstaubes
kleide meine Fingerrillen damit aus
ich lasse Schiffe auf den Spuren fahren

hinter Kuppen dreht die Abendsonne
ins Verdeck der abgetretnen Wendeltreppe
weithin über jenen Tagen und der Kinderlieder
die vom Wellengang des Stroms gedehnt

unter dem Nebelkleid die gelbgezackten Reihen
süßer Dimension bereiftberauschter Blicke
und das Netzfeld nach dem Blätterregen
nur vor dem Tor glimmt still das Nachtlicht

und in unsren Herbstfrisuren kämmt die
Stadtmauer die letzten Fassungsreste weg
das Trockenglas am Inselsandstrand
und unterschreibt das Panoramaprotokoll.

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Kratzspuren

Auf dem Weg zu Pilzen und Astern
verschränken sich Mardersteine
zu Hohlwegen in denen der Mond lagert

vergangen sind die Tage an denen sich
verblüffte Ängste fern hielten
noch schüttle ich sie immer wieder ab

nur der schleimige Ohrwurm bleibt an mir kleben
nobody is watching me verdammt nochmal
es sind die Dimensionen der Banalitäten

und das kriechende Mitgeleute die mich vertreiben
die nach oben gezogenen Stimmen in meinen Bildern
und das vorauseilende Langzeitgedächtnis anderer

hier jedoch kauern die modrigen Gerüche
die der Herbstwald entbietet
die Kratzspuren im Belag des Himmels.

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Klebestellen

Die ausgefransten
und zerknickten Lebensstreifen
glätten deren Bilderspur
nur weiterhin
durch meine Hand verblasst

die Klebestellen
auseinander reißen
neu verleimen deren Kanten
abgeschliffen
staubig meinen Boden nähren

ich roll‘ die matt gewordnen
Streifen wieder ein
windschief die Spirale
meiner Wegesadern
krakelig die Handschrift
der Erläuterungen.

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